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Contra Kasper-Klischee
"10. Internationales Theaterfestival Puppen Spiel Leipzig" - damit verbinden sich künstlerischer Geheimtipp, sprachliches Missverständnis und jener Mann, der die Fäden des Festivals hält: Jost Braun.
Warum wird Ihr Genre noch immer gründlich missverstanden?
Nicht vom Publikum. Aber wer das Festival nicht kennt, mag an Kaspertheater denken oder an etwas, das nur Kinder begeistern dürfte. Unser Publikum jedoch besteht in der Mehrheit aus jungen Erwachsenen, der idealen Zielgruppe also für Sponsoren. Das hat sich bei denen aber noch nicht herumgesprochen.
War das ein Wink mit der Litfaßsäule?
Jein. Einerseits geht mir das ewige Geldgejammer in der Kunstszene auf die Nerven. Andererseits ist ein anspruchsvolles Festival nicht gratis zu haben. Auf meiner Wunschliste stehen noch viele wunderbare Inszenierungen, die ich gern nach Leipzig holen würde.
Im Untertitel nennt sich Ihr Festival "Figuren-, Objekt- und Anderes Theater".
Das mag etwas umständlich klingen, trifft den Inhalt aber genauer. Egal, ob nun Figuren, Menschen oder Objekte agieren, das einzige Auswahlkriterium für mich bleibt: Es muß Theater auf hohem Niveau sein. Darin liegt ja der Sinn des Festivals, dass es aus Höhepunkten besteht, die man im Leipziger Alltag nicht in dieser Qualität findet.
Dabei heißt es doch seit 10 Jahren, das Theater stecke in der Krise, sei gar schon tot?
Wer hat denn diesen Blödsinn in die Welt gesetzt? Es wird immer Vorstellungen geben, die ständig ausverkauft sind, zum Beispiel meine eigenen. (lacht)
Nur jammerschade, dass Sie so bescheiden sind!
Eben, und weil dies so ist, habe ich meine Stücke nicht ins Festivalprogramm aufgenommen, da gibt es nur ein Märchen am Rande.
Als Autor und Regisseur bevorzugen Sie das Figurentheater. Worin besteht dessen Charme für Sie?
In seiner Lebendigkeit, die sich durch minimalistische Animationen ergibt, in der glücklichen Kombination von Bildender und Darstellender Kunst. Und in der Möglichkeit, relativ unaufwendig Theater spielen zu können. Es geht selbstverständlich auch sehr aufwendig, wie das Festival zeigen wird.
Sie studierten an der HGB Malerei und waren Meisterschüler bei Prof. Tübke, der nicht als der unkomplizierteste Mensch am Hofe galt.
Ach Gott, ich bin auch schwierig.
Wir sind gut miteinander ausgekommen.
Danach arbeiteten Sie nicht nur als Maler und Grafiker. Sie waren umtriebiger Kulturmanager, Galerist, Herausgeber der Jahresschriften für Künstlerbücher und Handpressendrucke und so hin...
Daran hat sich wenig geändert. Wer will schon täglich nur Kartoffelsuppe essen? Die Kunstgattungen, in denen ich mich zu Hause fühle, sind ja nichts Gegensätzliches.
Womit können Sie als bekennender Workaholic entspannen?
Natürlich mit Arbeit. Doch leiste ich mir einmal im Jahr den Luxus, auf hohe Berge zu klettern und wieder hinunter. Im Alltag tut es ein Waldspaziergang. Oder eine urige Kneipe, in der ich mitunter die verrücktesten Dinge aufschnappe. Die kann sich kein Künstler ausdenken.
Ihre Mutter arbeitete als Dramaturgin am Deutschen Theater, Ihr Vater als Musiker. Auch Ihre Frau ist Künstlerin, nur Ihr Sohn schlägt aus der Art.
Nein, er beabsichtigt nur, etwas Solides zu studieren, Biologie. Das kann ich durchaus begrüßen.
Gefällt Ihnen der Gedanke an weitere zehn Jahre "Puppen Spiel Leipzig"?
Welch eine Horrorvorstellung! Nein im Ernst, die Lust ist noch da.
(Interview: Angela Rändel)